• Wintersemester 2022/23 - Blockseminar

    Mary

     

    The Virgin Mary, whose popularity bloomed in the popular belief of the 19th century (as most spectacular in the devotional practices of Lourdes), in the 19th and 20th century has also become a shorthand for everything that has gone wrong with the Church: she is casted by the “Republicains” as fictitious as decadently perverse (Michelet, Zola). At the same time, modernity phrased its core belief with and against Mary. Mary has become a paradigm of poetics and the theory of subjectivity. In “A Simple Heart” (“Un coeur simple”) Flaubert sketches an anti-Marian poetics; Julia Kristeva develops a theory of female subjectivity by exploring pregnancy as an alternative to the phallic model of subjectivity.
    Venice is fit like no other to follow Mary’s footsteps, since legend has it that the city was founded in the history of salvation’s crucial moment: the word became flesh. Many Venetian churches span salvation history: from the Annunciata, to the Stabat Mater, and the Pièta to her ascension. After all, it is the place with the most iconic representations of the Virgin in the world, from the Titian Assunta in the Frari church to Santa Maria della Salute and the Bellini tableaux, now at the Accademia. The iconography of Mary shows the capacity to consent, the exemplary reader, the intellectual in sacra conversazione, the mother, the one nursing her child, the one visiting and visited, the dying, the one ascended to heaven ‒ to become the mediator between the living and the dead. This seminar aims to unite models of art history and aesthetics with those of literary theory and poetics in the hope that they will elucidate each other.

  • Wintersemester 2021/22 - Masterseminar

    Kult: Die Oper des 19. Jahrhunderts

     

    Die Oper wird populäres, globales Leitmedium des 19. Jahrhunderts. Aber worum handelt es sich bei jener Kunstform eigentlich? Von einer exklusiven, den Fürstenhöfen vorbehaltenen Unterhaltungskunst entwickelte sich die Oper zu einem bürgerlichen, marktorientierten Medium: Premieren des ersten kommerziellen Opernhauses in Venedig im 17. Jahrhundert zählten zu den gesellschaftlichen Höhepunkten der Karnevalsaison. In der Folge boten europäische Opernbühnen Raum für Herrscherlob wie auch für derbe Späße und unverhohlene Kritik. Karnevalisierung der weltlichen und kirchlichen Autoritäten gehen Hand in Hand. Der Fürstenspiegel mutiert zum Maskenball, Autoritäten und Werte werden verkehrt.

    Im 19. Jahrhundert wird die Oper zu einer ernsten, ja oft todernsten Sache. Verdi setzt dem Karnevalsopfer, dem Mardi-gras-Ochsen, ein anderes, heilbringendes Liebesopfer entgegen; Frauen treten die Nachfolge Christi an. Verdi überwindet das Karnevalsopfer durch eine romantische, letzten Endes katholische Liebesreligion. Wagner stellt das Weihespiel, die deutsche Kunstreligion gegen den Karneval. Seine neue, deutsche Kultstätte tritt in Konkurrenz zum christlichen Kult. Die Spielarten dieser Konkurrenz von Religion und Kunst stehen im Zentrum des Seminars. Der Verismo Mascagnis schließlich analysiert auf dem Hintergrund des Erlösungsversprechens der österlichen Liturgie die Heillosigkeit der Jetztzeit: Eine Welt, in der erbarmungslos Menschenopfer gebracht werden, straft das christliche Versprechen Lügen.

  • Wintersemester 2021/22 - Masterseminar

    Literature and Insight, or how does Literature Think?

     

    The seminar builds on the manifold discussions on philological theory construction as they have been led by the “International Coordination Centre Theory of Philology” in Heidelberg in cooperation with Munich, Berlin, Frankfurt, Osnabrück, Budapest, Campinas, São Paolo, and Zurich.
    In the seminar, foundational parameters of philological theory construction will be carved out in close readings of ancient and modern texts. The main scope will be placed on the question of how literature thinks, how it gains insight, and which modes of self-description may be read off it. An emphasis will be put on the exploration of conceptions of spatio-temporal devices, as they come into effect in texts. How is the relationship between conventional tenses arranged? Can presence only be conceived of as “deferred” (so readers always arrive late), or are there perhaps forms of intertemporality or “temps caché(s)” able to suspend familiar temporal economies?
    The texts that will be read seem to expose a plethora of topics which often, of course, serve only as vanishing point of formal procedures or textual moves and gestures. These can then take the place of the topic themselves, thereby rendering it meaningless (“form thematism”, J.P. Schwindt). In the process, alluring reader attitudes arise, ranging from “temptation” to “devotion” and “obsession”, which may be tied to aesthetic dispositions characterised by lust, or even fear. The focus is always on accuracy as first rule of reading: the act of reading as painstaking enquiry into the text and its methodical reserves, up to the point of self-abandonment. By which gestures, which signatures does literature operate? Is intensity an appropriate literary category? How can the relationship between abstraction and sensuality be pondered, and how do meaning and literality correlate? Are ascriptions of meaning mere concessions to the horror vacui? Finally: how critical or uncritical are texts, how critical can we be when we read them? These and similar questions shall be considered in the seminar, in close readings and discussion panels including kick-off papers.
    The main scope will be on ancient texts, especially poetry from late Republican and early Imperial Latin literature.

  • Sommersemester 2021 - Masterseminar

    Oper und Opfer?

     

    Die Oper ist nicht nur ein musikwissenschaftliches, sondern ein literaturwissenschaftliches, philosophisches, kulturwissenschaftliches Sujet. In Gender Studies und postkolonialen Studien ist die Oper massiv ins Kreuzfeuer der Kritik geraten: als misogyn, rassistisch, antisemitisch, islamophob, imperialistisch, homophob. Die Kritik trifft die Oper zwischen 1800 (etwa Mozarts Zauberflöte, Cosi fan tutte, Die Entführung aus dem Serail) und 1900 (etwa Verdis Rigoletto, Traviata, Otello, Aida) besonders wuchtig. Das Seminar arbeitet diese genderpolitischen, aber auch die postkolonialen Interpretationsansätze heraus.

    In einem zweiten Schritt wollen wir ausloten, ob diese Kritik auf einer Opferkrise (René Girard) aufruht. Die Opern arbeiten an einer Umbesetzung des Opfertodes Christi. Diese Umbesetzung kann in einem neuen Liebesopfer gelingen; sie kann als Per-version der Eucharistie, als schwarze Messe kommen. Sie kann schrecklicher Rückfall in die antik-orientalischen Opferkulte sein. In der Oper des 19. Jahrhunderts werden politische und geschlechterpolitische Verhältnisse in den Termini einer Opferkrise analysiert.

  • Sommersemester 2021 - Seminar

    Text und Textil

    mit Annette Keck

    Text und Textilie gehören allein schon begrifflich zusammen: texere ist der lateinische Begriff für Weben (textus/textum/textura: Gewebe, Geflecht, Zusammenhang, Struktur). Allerdings ist das lateinische Pendant für den (literarischen) Stoff nicht textura, das wäre der Stil, Duktus bzw. die Machart, sondern im Sinne von Ciceros ›Über die Auffindung des Stoffes‹ materia. So verstanden gehört er zu einer älteren Theorietradition, da Stoff als Korrespondenzbegriff zur Form verstanden wird. Materia kann aber auch als Material, sprich als natürlicher oder artifizieller Stoff begriffen werden, der zur Weiterverarbeitung vorgesehen ist. Bei Schiller steht der Formtrieb dem Stofftrieb entgegen, Aufgabe einer ästhetischen Erziehung des Menschen ist es, ihm beizubringen nicht mehr den Stoff der Gestalt vorzuziehen, d.h. Stoff wird zwar als notwendig, jedoch als niedrigere Kategorie verstanden (=Sinnlichkeit). An ausgewählten Texten kann man die Frage diskutieren, in welchem Verhältnis die hier angesprochenen Aspekte von Stoff, Stofflichkeit, Textur, Rede und Text inszeniert werden und ob und wie diese Inszenierungen geschlechtliche Kodierungen aufweisen und wie diese poetologisch produktiv sind.

  • Wintersemester 2020/21 - Vorlesung

    Oper und bürgerliche Geschlechterordnung

     

    Die Oper, das war im 19. Jahrhundert die wichtigste Kunstform, Leitmedium, die alle anderen in sich vereinigte. Über die Oper artikuliert das 19. Jahrhundert sein Selbstverständnis, so wie es das 20. über den Film tat. Heute ist die Oper wieder Kult.

    Die Oper, bringt sie wirklich die Niederlage der Frauen auf die Bühne? Ergötzen wir uns an der hingeopferten Weiblichkeit, die uns wie der Todesgesang der Mimi der Bohème, wie der der sterbenden Traviata, wie der der sich aus Liebe opfernden Gilda im Rigoletto die Tränen in die Augen treibt? Die Frau, „ein flatterhaft Ding“: la donna è mobile, sterben muss sie. Così fan tutte – so treiben es alle. Die Mutter, als Königin der Nacht, die dem Liebesglück der Kinder im Weg steht, aus dem Licht der Bühne verbannt? Lucia di Lammermoor, die durch die Familienraison den Verstand verliert und zur Gattenmörderin wird? Carmen, „l’amour est un oiseau rebelle“, von ihrem eifersüchtigen Geliebten erstochen? Tosca, wahnsinnige Mörderin, die sich in den Selbstmord stürzt? Manon, ins Exil geschickte Prostituierte, die in der Wüste verdurstet? Mélisande, Ehebrecherin, von ihrem eifersüchtigen Ehemann zu Tode gequält? Judith, von Blaubart, dem Serienmörder, umgebracht? Lulu und Salomé, femmes fatales, die nichtswürdig Verderben über die Männer und die Menschen bringen?

    Aber vielleicht ist es ganz anders? Wie der Roman verhandelt die Oper die Geschlechterordnung. Sagen die bürgerlichen Frauen Nein, dann die Frauen in der Oper Ja. Und das macht sie anders als im puritanischen Roman (Clarissa, Pamela) nicht zu verlorenen Frauen, sondern zu modernen Heiligen. Sie verlieren alles, um alles zu gewinnen.

  • Wintersemester 2020/21 - Masterseminar

    Identität / Alterität

     

    Das interdisziplinäre Seminar setzt sich in literaturwissenschaftlicher, kunsthistorischer und juristischer Perspektive mit dem Spannungsverhältnis von Identität und Alterität auseinander.

    Themenvorschläge:

    - Identität / Alterität des Visuellen – der Blick im Feld des Anderen

    - Mehr als eine Sprache / Keine eine Sprache mehr – écriture féminine

    - Allegorie und Weiblichkeit

    - Mensch / Tier

    - Mensch / Körper / Maschine

  • Sommersemester 2020 - Hauptseminar

    Heilige Huren? Verdi und das Risorgimento

     

    So wie Manzoni als der Autor des Risorgimento und der italienischen Einigung im 19. Jahrhundert steht, so gilt Verdi als dessen Gegenpart und seine Opern als heimliche Nationalhymne Italiens.

    Mit der Frage nach einer nationalen Einigung, einem verfassten Königreich oder einer Republik, nehmen die Opern Verdis Bezug auf das römische Reich, das als Vorläufer und Parallele bei einem vereinigten Italien Pate steht. Daneben tritt der Bezug auf die Französische Revolution, aus der im Kampf gegen die Monarchie eine republikanische Nation oder ein Kaiserreich hervorging. Das Schaffen eines neuen Gesellschaftsbandes sieht sich bedroht von Bürgerkrieg, der alle Bande und selbst noch die allernatürlichsten, die Blutsbande nämlich, zerschneidet. In Bürgerkriegen ging die römische Republik unter, der Schatten des Bürgerkrieges suchte dir Französische Revolution von Anfang an heim.

    Verdis Opern haben einen auf einer literarischen, oft französischen Vorlage basierenden Text. Ihnen geht es um das Stiften eines Gemeinschaftsbandes und dessen Bedrohung. Der Rekurs auf das römische Reich ist durchgängig; aber gerettet und gestiftet wird das Gemeinschaftsband nicht mehr durch einen Augustus, und auch nicht durch das eine Stadt Gottes begründende Kreuzesopfer Christi, wie Augustinus meinte. Gerettet oder gestiftet wird es nicht durch einen Männerbund oder eine Brüderhorde, Fratelli d’Italia, sondern durch das Liebesopfer einer Frau.

    Die italienische Oper der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts setzt auf einen verausgabenden Frauenkult, einen Kult leidenschaftlicher Weiblichkeit. Wie alle Kulte fordert er oft das Leben der Heldin, die voller Frauenpower die Kraft für ein solches Liebesopfer aufbringt.

  • Wintersemester 2019/20 - Hauptseminar

    Gender Transformations: From Myth to Technical Realisability

     

    Theoretical thought of the past decades has radicalized the traditional notion of transformation, forcing us in the process to revisit the fictions and fantasies associated with it. Destabilizing received notions of generic distinctions (esp. gender binarism), it invites us to think in new ways about genre, gender and sexual difference. To approach the emerging phenomenon of trans in all its semantic complexity and to locate it structurally in relation to issues of translation, (poetic and metaphorical) transport and transvestism, the seminar will proceed in a necessarily interdisciplinary manner, drawing on recent work in cultural studies, literary criticism, classics, and psychoanalysis. Examining current aesthetic, ethical and juridical debates against the background of the European literary tradition and the fantasies of gender transformation contained within it, the seminar will ask how what had remained heretofore on the level of fantasy and myth has in recent years been transformed through drug treatments and medical procedures into a new world of viable options and concrete realities. How do such technical “advances” in turn affect the realms of fantasy, poetry, technology and the law?

    We will read and discuss texts by Platon, Aristophanes, Ovid, Apuleius, Balzac, Mallarmé, Proust and recent novels and films on transgender issues.

  • Wintersemester 2019/20 - Masterseminar

    Kunstfreiheit

     

    Künstlerische Ausdrucksformen – seien sie literarisch, theatralisch, künstlerisch oder musikalisch – spiegeln in ihrer Materialität und ihrer Rezeption den Geist ihrer Zeit und leisten damit einen spezifischen Beitrag zum öffentlichen Diskurs. Ihre Entstehung und ihre Zugänglichkeit außerhalb rationaler Denkvorgänge eröffnen eigene Kommunikationsbereiche. Diese Besonderheit wurde vom Gesetzgeber (an)erkannt: Die Kunstfreiheit gehört in Deutschland und Frankreich, in der Schweiz und in den USA zu den Grundrechten.

    Wir möchten anhand ausgewählter Frage- und Fallgestaltungen der historischen Entwicklung und dem aktuellen Wandel im Verständnis der Kunstfreiheit nachgehen. Im Mittelpunkt unserer Diskussionen stehen Konflikte um Kunst und Identität, Kommerz, Politik, Pornografie, Religion, Tod. Über einige Streitfälle haben die Gerichte entschieden, in anderen bleibt es bei einem Diskurs in den Medien und im Netz.

  • Sommersemester 2019 - Hauptseminar

    Leseszenen in Literatur, bildender Kunst und Film – Von Augustinus bis zum Da Vinci Code

     

    Lesen galt einst als die Fähigkeit schlechthin, sich von Autoritäten unabhängig zu machen. Heute scheint es mehr als Medium zur Selbstoptimierung zu fungieren, wird doch das Buch von Verlagen als Mittel zur Entschleunigung und Erholung propagiert. Allerdings scheinen die Digital Humanities nur noch zu lesen, um zu zählen, was kaum mehr mit philologischer Lektüre in Verbindung werden kann.

    Die Geschichte des (europäischen) Lesens wollen wir mit einigen ausgewählten Leseszenen illustrieren und mit ihnen die darin angelegten Konflikte herausarbeiten. Die berühmteste dieser Szenen ist Maria Empfängnis, wo die Ikonographie des Mittelalters immer eine lesende Maria zeigt. Überhaupt steht Maria, die große Leserin, im Zeichen des fruchtbaren Lesens; sie lehrt und lernt Lesen. Gegen dieses nährende, fruchtbare Lesen der Heiligen Schrift bringt Augustinus in seinen Confessiones das falsche, vergiftende Lesen fataler und zudem fiktiver Leidenschaften in Stellung. Diese Unterscheidung von falschem Lesen, gefasst in der Metapher der fornicatio, und des richtigen Lesens, gefasst als keusches Lieben des himmlischen Bräutigams, wird in ihrem Einfluss auf europäische Leseszenen nicht zu unterschätzen sein.

    Das 18. Jahrhundert verknüpft Menschlichkeit aufs engste mit Schriftkritik: Moses Mendelssohn schreibt sich und seinen Zeitgenossen den Status von „litterati, Buchstabenmenschen“ zu. Zur gleichen Zeit formiert sich eine massive Schriftkritik, welche Argumente wie bspw. den mangelnden persönliche Kontakt aufzählt, welche auch die Kritik an der Digitalisierung kennzeichnen. Kehrseite der Verbindung von Mensch und Schrift aber ist, dass den Illiteraten die Menschlichkeit abgesprochen, den Frauen ein falsches Lesen zugeschrieben wird. So setzt bspw. Rousseau das Lesen von Romanen in der Nouvelle Héloise mit Lieben, und zwar dem ehebrecherischen Lieben gleich. Das Gendern der Leseszene spielt in den Briefromanen des 18. Jahrhunderts die entscheidende Rolle, springt von Richardson über Rousseau und Manzoni ins Auge und findet in Assia Djebars L’amour la fantasia eine interkulturelle Zuspitzung.

  • Sommersemester 2019 - Vorlesung

    15 x Liebe hören: Bürgerkrieg, Klassenkampf und Frauenopfer

     

    Die Oper zwischen 18. und 19. Jahrhundert überwältigt nicht nur durch die Schönheit der Stimmen; sie hat auch einen, oft auf literarischen Vorlagen basierenden, Text. Wie der Roman verhandelt die Oper die Geschlechterordnung. Die bürgerliche Gesellschaft führt einen Klassenkampf gegen die Aristokratie unter dem Deckmantel der Moral: die bürgerliche Ehefrau und Mutter ist als der bessere Mensch gedämpfter Leidenschaften der verführerisch intriganten, machtgierigen Aristokratin moralisch überlegen. Als ganz für die Anderen lebende Ehefrau und Mutter reformiert die bürgerliche Frau noch die schlimmsten adeligen Wüstlinge und garantiert eine bessere Gesellschaftsordnung.

    Die Oper wird in dieser Vorlesung als Gegenstimme zu dieser Erzählung gehört. Sie setzt dagegen eine andere Geschlechterordnung. Mozarts Opern, noch ganz Ancien Régime, hebeln transvestitisch Moral und binäre Geschlechterordnung mit dem adeligen Patriarchat spielerisch aus. Verdis Opern, die als heimliche Nationalhymne Italiens gelten können, geht es wie dem Aufklärungsroman um das Stiften eines neuen Gemeinschaftsbandes und dessen Bedrohung. An die Stelle der bürgerlichen Ehefrau und Mutter tritt ein alle verausgabender Frauenkult, ein Kult leidenschaftlicher Weiblichkeit. Wie alle Kulte fordert er oft das Leben der Heldin. Das Nachspiel, Puccini und Alban Berg, zeigt das Scheitern der bürgerlichen Norm, weiß aber nur noch von Verheerungen zu berichten.

  • Wintersemester 2018/19 - Hauptseminar

    Venedig und die Arabeske: Zu einer Ästhetik der Dekadenz (Ruskin, Proust, Thomas Mann, Ezra Pound)

    mit Anselm Haverkamp

    Venice - an Oriental city in the West. The hallmark of Venetian orientalism is the arabesque. The arabesque haunts Venice in its palaces, and it returns in Fortuny textiles. At the same time, Venice was rediscovered as an exemplary place for the history of aesthetics by John Ruskin, whose most prominent readers Marcel Proust, Henry James, Thomas Mann, and Ezra Pound were the founding figures of the by now classical avantgard of modernism. Already German and English romanticism, notably Friedrich Schlegel, recognized the arabesque as an exemplary subject, figure and mode, of aesthetic reflection. About a century later, around 1900, the challenge of the arabesque was unbroken, but met with a growing ambivalence. The new aesthetics of the moderns began by defining themselves as overcoming all things arabesques as the epitome of decadence. Most famous is Adolf Loos’s condemnation of “the ornament as crime”. The course will explore both, fascination and repulsion of oriental Venice.

    Ruskin’s aesthetics of decadence was rewritten and echoed in Proust, James, and Mann. For them as for Ruskin himself, the challenge of the vanishing christological art, overcome by a decadent Renaissance, was represented by the city of Venice, in her paintings, architecture, politics and literature. Following Ruskin, who discovered Venice as the perfect illustration of his aesthetic theory, Proust, James and Mann explored and criticized this city in the light of Ruskin’s descriptions. Ezra Pound’s Venetian cantos, few but exemplary for his modernist endeavor, counteract the political thrust of their ultra-historicist surface by an arabesque echo, an echo-machine, in fact, that remembers and reinstalls the oriental lure of this city as the on-going scandal for the seemingly new world’s relapse into age-old corruption.

  • Sommersemester 2018 - Vorlesung

    Paris als innerer Orient in der Literatur des 19. Jahrhunderts (Fontane, Maupassant, Zola, Flaubert)

     

    Das Paris/Berlin des 19. Jahrhunderts und der innere Orient

    Das Paradigma “Orient”, so wie es das 19. Jahrhundert in der sogenannten orientalischen Renaissance neu erforscht, wird in der Literatur für die Analyse und Kritik, für die Ausbuchstabierung von “Degeneration” und “Dekadenz” der europäischen Gesellschaften zentral. Der Orient wird von Balzac bis zu Flaubert, Zola, Maupassant und Fontane zur Leitmetapher für die Analyse des gesellschaftlichen Bandes in wirtschaftlicher, geschlechtlicher und politischer Hinsicht. Der Orient ist in den Werken dieser Autoren nicht mehr das Ferne, Andere, als welcher er gerne im Orientalismus verhandelt wird, sondern ein „innerer Orient“, den die westliche Welt in unvordenklicher Weise in sich trägt. Der innere Orient wird zum entscheidenden Paradigma für eine oft, aber nicht immer von antisemitischen Topoi unterfütterte Kritik der Moderne.

    Dieses aus historischen Gründen, die selbst neu mitzubedenken sind, verschüttete Diskursfeld, welches das 19. Jahrhundert prägte, soll freigelegt, analysiert und lesbar gemacht werden. Poetologisch betrachtet bekommt der Realismus so eine allegorische Dimension, die in ihrer genauen rhetorischen Figuration näher zu bestimmen ist.

    Texte:

    - Gustave Flaubert, Madame Bovary, l’Éducation sentimentale
    - Emile Zola, Au Bonheur des Dames, l’Oeuvre, Nana
    - Maupassant, Bel-Ami
    - Fontane, Effi Briest

  • Wintersemester 2017/18 - Hauptseminar

    Bürgerkrieg und Ausnahmezustand

    zusammen mit Oliver Jahraus

    Das Stichwort "Bürgerkrieg" hat heute im Zusammenhang mit Terrorismus eine brisante politische Dimension bekommen. Dass diese Diskussion lange Traditionslinien nicht nur in der politischen Philosophie (z.B. bei Hobbes), sondern insbesondere auch in der Literatur hat, will dieses Seminar zeigen. Dabei geht es um grundsätzliche Fragen der politischen Verfasstheit von Gesellschaft, die Funktion und Dysfunktionalität von Politik, wie sie die Literatur reflektiert, z.B. bei Kleist.

    Nach dem zweiten Weltkrieg hat die Bürgerkriegsthematik ein massives come back in der Literatur. Mit dem Bürgerkrieg kehrt nicht nur die römische Thematik par excellence, sondern auch die römische Literatur zurück: Claude Simons Georgiques, die Vergil im Titel tragen, sind nur der offensichtlichste Fall. Wie kann der totale Zerfall einer Gesellschaft, die der Bürgerkrieg ist, dargestellt werden? Kronzeugen sind Michel Houellebecq und Claude Simon. Karl Marx’ 18. Brumaire, der eine verpatzte Revolution als Bürgerkrieg darstellt, bietet den ersten Einstieg in diese Form der translatio Romae.

  • Wintersemester 2017/18 - Masterseminar

    Ovid und die europäische Moderne: Petrarca, Richardson, Flaubert

    zusammen mit Jürgen Paul Schwindt

    2017 ist das zweitausendste Todesjahr Ovids. Wie kein anderer hat er in die moderne Literatur hineingewirkt. Die Rezeptionsgeschichte Ovids soll an einigen ausgewählten Beispielen illustriert und auf ihre in die Moderne führenden Wendepunkte untersucht werden. Im Mittelpunkt des Seminars stehen die Metamorphosen, die über zweitausend Jahre als Allegorien des Schreibens und Lesens neugeschrieben worden sind.

    Wir beginnen mit einem close reading der einschlägigen, immer wieder aufgenommenen Passagen der Metamorphosen. Petrarcas Rime Sparse stellen an den mittelalterlichen Anfängen der Moderne die prägende Szene der elegischen Poetik Ovids (14. Jh.). Mit Richardson Erfolgsroman Clarissa or the History of a young Lady (18. Jh.) wechseln wir mit dem Genre die Einschätzung Ovids: in einer leidenschaftliche Absage an einen Ovid, der einer gründlichen Reformation unterzogen werden muss. Schließlich kommen wir mit Flauberts Madame Bovary, in der mit Emma eine neue Arachne nach den Maßen Ovids wirkt (19. Jh.), zur letzten Wende, in der die Moderne sich der Antike wieder annähert. In der Lyrik, Ovids ganz eigener Gattung, ist dafür das „eau vide“ Baudelaires der schönste Beleg.

  • Wintersemester 2017/18 - Hauptseminar

    Boccaccio

    zusammen mit Rémi Brague

    Boccaccios Decamerone begründet eine neue Art, zu erzählen: Realismus, hat man gesagt, psychologische Tiefe, oder auch Pluralität. In einer humanistischen Renaissance werde die eine, dogmatische Welt des Mittelalters vielschichtiger. Durch ein close reading betten wir die Novellen des Decamerone in die sich herausbildende Diskurswelt der Renaissance ein. Vielleicht geht es in dieser neuen Art, zu erzählen, weniger um Pluralität, als um eine satirische Verkehrung der theologischen Prämissen, die dadurch weniger zurückgelassen als ex negativo bestätigt werden?

  • Wintersemester 2016/17 - Vorlesung

    Bürgerkrieg (Lucan, Vergil, Augustinus, Kleist, Flaubert, Hugo)

     

    Bürgerkrieg – Für eine Stasiologie

    Die Vorlesung untersucht das Motiv des Bürgerkrieges an einigen zentralen Texten. Dabei steht nicht das historische Ereignis der römischen Bürgerkriege, die die Republik beendeten und ins Kaiserreich einmündeten, im Vordergrund. Vielmehr soll eine Tropologie des Bürgerkrieges herausgearbeitet werden.  Diese Tropologie erzählt den Bürgerkrieg in den Metaphern von Selbstmord, Inzest, Vergewaltigung, Bruder-, Vater- und Muttermord. Das römische Konzept des "Bürgerkrieges", bellum civile, der eine tabuisierte Gewalt in der Familie zwischen den Geschlechtern und den Generationen in die juristisch-politische Kategorie von männlichem "Bürger" und "Krieg" überführt, wird von der Tropologie des Bürgerkrieges unterlaufen. Das politisch-historische Konzept verdeckt, was die Literatur in ihren Tropen aufdeckt: die tabuisierte, alle Grenzen überschreitende Gewalt gegen das Eigene, die Spaltung im Eigenen. Die Figur dieser Verdeckung ist neben dem römischen Konzept "Bürgerkrieg" die Konstituierung des verworfenen Anderen. Weil der Krieg im Eigenen und gegen das eigene unerträglich ist, führt er zur Konstitution des Ganz Anderen: eines so weibischen wie tyrannischen Orients.

    Diese Tropologie wird von Vergil in den Georgica und der Aeneis nach dem historischen Ereignis der Bürgerkriege entwickelt und findet in Lucan in der erhitzten Rhetorik der Imperiums unter Nero ihren ersten Höhepunkt. Bereits bei Vergil sind Brudermord und Vergewaltigung für Rom grundlegend. Augustinus universalisiert diese Tropologie und macht den Bürgerkrieg, jetzt verstanden als Zerreißen aller Bande – der zwischen Göttern und Menschen, der zwischen den Menschen, den Geschlechtern, den Generationen, der noch das Ich gegen sich selbst aufbringt - ,  zur unhintergehbaren Grundlage aller irdischen Politik. Die translatio romae entpuppt sich als translatio babylonis.

    Die Erzählung der Geschichte in der Literatur des 19., 20., und 21. Jahrhundert wird grundiert vom basso continuo dieser translatio romae; sie begründet die romanitas der westlichen Literatur. Dies soll an ausgewählten Beispielen - Houllebecq, Simon, Hugo, Flaubert, Kleist - gezeigt werden.

  • Wintersemester 2016/17 - Hauptseminar

    The Stones of Venice und Seven Lamps of Architecture (Ruskin, Marcel Proust, Thomas Mann und Visconti)

    zusammen mit Anselm Haverkamp

    Den Einfluss von Ruskin auf Proust und Mann kann man kaum überschätzen. Ruskins Ästhetik der Dekadenz wurde bei Proust und Mann umgeschrieben. In Prousts und Manns Rewriting ist Ruskins christologische Ästhetik einer dekadenten Renaissance in der Stadt Venedig, in ihren Gemälden, ihrer Architektur, Politik und Literatur verortet. Auf den Fußspuren Ruskins, der in Venedig die perfekte Illustration seiner ästhetischen Theorie wiederfand, erkundeten Proust und Mann diese Stadt im Licht von Ruskins Beschreibungen. Auf dem Spiel steht die Ambiguität der Renaissance als einer neuen Vergangenheit und die ästhetische Möglichkeit, das Neue in diesem Vergangenen wieder hervorzuholen.

    Das Seminar ist so aufgebaut, dass zunächst ein erstes Verständnis von Ruskins Religion, Ehtik und Ästhetik erarbeitet werden soll, um die Faszination, die er auf bedeutende Leser wie Proust und Mann ausübte, zu verstehen. In einem zweiten Schritt werden wir Prousts und Manns Romane als einen Gegendiskurs zu Ruskins Venedig-Beschreibung lesen. Sowohl bei Proust als auch bei Mann wandelt sich die Dekadenz Venedigs in eine überwältigende Kraft. Die Stadt ist in der Lage, alle Handlungen zum Stillstand zu bringen, den Puls des Lebens zu verlangsamen. Ruskins venezianische Renaissance wird so bei Mann und auch bei Proust entgegengearbeitet.

    Der philosophische Anteil des Seminars gilt durchgehend dem Einfluß der Ästhetik Ruskins auf die Entwicklung der englischen pragmatischen und analytischen Philosophie, insbesondere deren Interesse am Modernismus der Avantgarden (exemplarisch: T.S. Eliot als Schüler F.H. Bradleys).

    Darüber hinaus werden wir im Rahmen unserer Proust- und Eliot-Lektüre den Markusdom und das Fortuny-Textilmuseum auf der Insel Guidecca sowie im Rahmen der Lektüre Manns und Viscontis den Lido besuchen.

  • Sommersemester 2015 - Vorlesung

    Mode und Moderne

     

    Die enge Beziehung zwischen Mode und Moderne scheint schon durch die Etymologie garantiert. Dennoch gibt es in dieser Beziehung einen blinden Fleck. Die Mode - das Andere der Moderne? Eine orientalische Kolonie im Herzen des Westens?

    Der moderne Diskurs über die Mode zeugt von Ambivalenzen und Paradoxien. Er ist von vornherein seltsam gespalten: es gibt Mode und Mode. Genau genommen ist die Männermode nicht wirklich modisch. Der rein funktionale Anzug ohne Schnickschnack ist seit jetzt schon fast zweihundert Jahren ein globaler Klassiker. Seinen atemberaubenden Erfolg verdankt er einer Schönheit, die ganz im Funktionalen aufgeht. Die Damenmode ist hingegen anachronistischer Überhang der als weibisch gebrandmarkten, aristokratischen Mode: frivole Rüsche, dysfunktionales Ornament. Ein gräßliches Kapitel in der Kulturgeschichte, wie Adolf Loos meinte. Dringend muss sie reformiert werden.Aber die neue Frau erlebt immer wieder Rückschläge. Während Chanel die garconne durch Übertragung der Männerkleidung in Frauenkleidung aus der Taufe hob, war Diors New Look ein herber Rückschlag und eine Ohrfeige für das Dogma aller modernen Ästhetik "form follows function".

    Die Mode, ein Seismograph, wie Walter Benjamin einmal anmerkte, der anzeigt, in welche Richtung sich Gesellschaften entwickeln. Eine Lektüre der Diskurse über die Mode soll eine Standortbestimmung ermöglichen. Sind wir noch im 19. Jahrhundert? Oder alles Unisex?

  • Sommersemester 2015 - Hauptseminar

    Poetologien der Liebe in Literatur und Film

    zusammen mit Annette Keck

    "It is a truth universally acknowledged, that a single man in possession of a good fortune, must be in want of a wife." Mit diesem Satz beginnt Jane Austens berühmter Roman Pride and Prejudice und zahlreiche Adaptationen belegen, dass dieser marriage plot bis heute nichts von seiner Attraktivität eingebüßt hat. Das Seminar wird mit Jane Austens Pride and Prejudice, Gustave Flauberts Madame Bovary und Theodor Fontanes Effi Briest drei Romane des 19. Jahrhunderts in den Blick nehmen, die das Erzählen der Liebe und der Sitten in den Mittelpunkt stellen. Dass und wie diese Erzählungen im 20. Jahrhundert auf der Leinwand wiederkehren, welche signifikanten Wendungen das filmische Erzählen der Liebe nimmt und welchen Status der Literatur dabei zugeschrieben wird, ist eine weitere Frage des Seminars.

  • Sommersemester 2014 - Hauptseminar

    In/Diskretion: Subjektive Öffentlichkeitsarbeit in Brief, Postkarte, Email, Blog

    zusammen mit Annette Keck

    Dank Twitter und Facebook leben heute viele coram publico. Einem deutlich nicht mehr intimen Freundeskreis teilt man seine Vorlieben bei der Wahl einer Handtasche mit. Einer privaten Öffentlichkeit führt man seine neuen Lieben beim Planschen im Pool vor. Diese Daten kann man auch nach langer Zeit noch einsehen. Besonders diskret scheint auch die archaischere email nicht zu sein; wird ihr doch gemeinhin die Geheimhaltefähigkeit einer Postkarte attestiert.

    Neuerdings gibt es nun Apps, die den Kunden damit locken, dass sie sich nach kürzester Zeit selbst löschen. Diskretion scheint wieder ein Wert geworden zu sein; das mag auch mit den Abhörskandalen der amerikanischen Geheimdienste zusammenhängen. Andererseits wird gerade in der Affaire François Hollande ein Tabu gebrochen: das Privatleben des Präsidenten, das zwar halb Paris kannte, das aber nie ins grelle Licht der Medien geriet,  wird jetzt öffentlich ausgebreitet.

    Wer was lesen und sehen darf, was für welchen Empfänger bestimmt ist und was daraus folgt, wenn Botschaften an den falschen gelangen, ist eine Frage, die die Literatur schon lange beschäftigt. Die Reihe der Heldinnen, die durch ihre Briefe ruiniert werden, ist Legion. Vielleicht sind In/Diskretionen sogar das eigentliche Thema der meisten literarischen Werke.

    Das Seminar wird die Grundlage der In/Diskretionen, die (meist) ‚schriftliche Arbeit am Selbst‘, in den Blick nehmen, vom 18. Jahrhundert ausgehen und im 21. Jahrhundert mit Gossip Girl enden. Dabei werden verschiedene Textsorten wie Brief, Tagebuch, Postkarte, Email und Blog in ihren narrativen Funktionalisierungen zu analysieren sein.

    Die folgenden Texte/TV-Serien werden besprochen: Choderlos de Laclos, Les Liaisons dangereuses, Gottfried Keller, Die missbrauchten Liebesbriefe, Edgar Allan Poe, The Purloined Letter, Jacques Lacan, Das Seminar über E.A. Poes Der entwendete Brief, Else Lasker-Schüler, Mein Herz, Gossip-Girl. TV-Serie, Pilotfolge: Gossip Girl.

  • Sommersemester 2014 - Hauptseminar

    Die Französische Revolution und die Zeit der Terreur in Literatur, Geschichtsschreibung und bildender Kunst

    zusammen mit Christine Tauber

    Das Seminar untersucht die historistische Revolutionsverarbeitung im 19. Jahrhundert anhand von Schlüsseltexten (Maximilien Robespierre, Reden, Jules Michelet, Histoire de la Révolution, Victor Hugo, Quatrevingttreize, Honoré de Balzac, Les Chouans) und Schlüsselwerken der Bildenden Kunst (v.a. von Jacques-Louis David, Anne-Louis Girodet-Trioson, Théodore Géricault, Eugène Delacroix). Wie wird ein historisches Ereignis, das einen kategorialen Neubeginn der Geschichte markierte, und seine Perversion in der Diktatur der Terreur von den Nachgeborenen künstlerisch und politisch verarbeitet? Finden sich Spuren einer Wiederkehr der verdrängten republikanischen Ideale oder wurden diese schlicht von den neuen politischen Systemen (dem napoleonischen Kaiserreich, der bourbonischen Restauration, einer neuen Republik, die an ihre alten Ideale kaum noch erinnert werden mochte) abgelöst?

  • Wintersemester 2013/14 - Masterseminar

    Wahrnehmung in Bewegung

    zusammen mit Hans-Jörg Rheinberger und Michael Zimmermann

    Die Wahrnehmung steht nicht still. Sie ist nicht nur ein zeitlicher Prozess, sondern eine kognitive Aktivität. Der ganze Körper ist an ihr beteiligt. Als biologischen Prozess und als eingebunden in das erkennende und gestaltende Leben hat das 19. Jahrhundert die Wahrnehmung auf mancherlei Wegen untersucht. Da ist zunächst die naturwissenschaftliche Seite: hier geht es um die biologische Erforschung von Mensch und Tier, ihrer neurophysiologischen, psychologischen und sozialen Konstitution, ihrer Evolution. Im Zusammenhang damit betrachten wir Poesie und Kunst. Dichter und Maler suchten neue Wege, in den Strom des Lebens einzutauchen und ihn dabei zugleich begreiflich zu machen. Historische Epistemologie und künstlerische Poetologien des Lebens sollen in diesem interdisziplinär ausgerichteten Seminar zusammengeführt werden.

    In einem ersten, von Hans-Jörg Rheinberger betreuten Teil des Seminars soll es darum gehen, wie sich mit der Entwicklung der Wissenschaften über das 19. Jahrhundert hinweg die Regime der Beobachtung selbst verändern und wie die Bewegung selbst zu einem Gegenstand der Beobachtung wird. Die Sinne verlieren ihre Transparenz, die Bewegung verliert ihre Selbstverständlichkeit – beide werden zum Problem. Das soll an einer Reihe von Fallstudien aufgezeigt werden.

    Ein zweiter Schwerpunkt des Seminars, der von Barbara Vinken geleitet wird, liegt auf der französischen Dichtung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Reflexion über Zeit und Zeitlichkeit spielt in ihr eine entscheidende Rolle. Gegenwart und ideale Ewigkeit geraten in ein neues Verhältnis. Anhand von einzelnen Gedichtinterpretationen sollen diese neuen, bis heute bestimmenden Zeitstrukturen der Moderne – auch vor dem Hintergrund der barocken Vanitas – analysiert werden.

    Ein dritter Aspekt schließlich ist die bildende Kunst des ausgehenden 19. und des frühen 20. Jahrhunderts. Bilder können zeigen, dass der Fluss des Sehens ebenso wenig aufzuhalten ist wie die Evolution. Doch zugleich sieht sich der Künstler gezwungen, die Empfindungen im Bild stillzustellen, um seine Wahrnehmungen dingfest zu machen und sie den Zeitgenossen mitteilen zu können. Aus dem Oeuvre der Künstler Odilon Redon, Robert Delaunay und Marcel Duchamp werden Beispiele ausgewählt, die unterschiedliche Positionen zu dieser Problemlage markieren.

  • Wintersemester 2013/14 - Oberseminar

    Literatur und Psychoanalyse

    zusammen mit Susanne Lüdemann

    Wenn Freud am Rande einer seiner frühesten Fallgeschichten dem Leser gesteht, es berühre ihn bisweilen eigentümlich, dass seine Krankengeschichten sich wie Novellen läsen „und daß sie sozusagen des ernsten Gepräges der Wissenschaftlichkeit entbehr[t]en“ (Studien über Hysterie), dann ist damit auf eine Komplizität von Psychoanalyse und Literatur verwiesen, die in deren beider Umgang mit der Sprache wurzelt. „Ich muss mich damit trösten“, fährt Freud an der zitierten Stelle fort, „daß für dieses Ergebnis die Natur des Gegenstandes offenbar eher verantwortlich zu machen ist als meine Vorliebe: Lokaldiagnose und elektrische Reaktionen kommen bei dem Studium der Hysterie eben nicht zur Geltung, während eine eingehende Darstellung der seelischen Vorgänge, wie man sie vom Dichter zu erhalten gewohnt ist, mir gestattet, Einsicht in den Hergang einer Hysterie zu gewinnen.“ Epistemologisch kann man aus solcher Einsicht die „narrativen Strukturen“ der Psychoanalyse ableiten (Roy Schafer / Susanne Lüdemann) oder ihr „psychodramatisches Substrat“ (Peter von Matt). Und wenn Freud wieder und wieder die Dichter als Zeugen seiner Erkenntnisse anruft und ihnen ein „endopsychisches Wissen“ um jene unbewussten Seelenvorgänge zuschreibt, die auch die Psychoanalyse beschäftigen, dann muss einen das weiter nicht erstaunen, wenn man bedenkt, dass die Psychoanalyse ihre wesentlichen Paradigmen (Ödipus-Komplex, Narzißmus, Sadismus, Masochismus) selbst aus der Literatur bezogen hat.

    Entsprechend dieser Einsicht soll es im Seminar nicht um psychoanalytische Literaturwissenschaft im engeren Sinn gehen, sondern um das Wechselverhältnis von Literatur, Psychoanalyse und Theorie im 20. Jahrhundert.

  • Wintersemester 2013/14 - Vorlesung

    Der innere Orient des Realismus

    Die Vorlesung möchte 1. eine poetologische und 2. eine politische These überprüfen.

    1. Die Texte des Realismus sind allegorisch. Unter dem offensichtlich zeitgenössischen Plot liegt eine andere Geschichte verborgen. Die Dimension des allegorischen Schriftsinns wird im Text subcutan mitverhandelt; sie ist versteckter Teil des Plots.

    2. Der Orientalismus ist viel mehr als eine Mode, die sich in Chinoiserien erschöpft. Die Moderne beschreibt und kritisiert ihre eigenen politischen Verhältnisse als „orientalisch“. Register, wie sie die „orientalische Renaissance“ zu tage förderte, werden zur Selbstbeschreibung und –kritik der Moderne eingesetzt. Der Orient entpuppt sich nicht das das Andere der Moderne; er ist vielmehr ihr Herzstück.

    Gegenstand der Vorlesung werden Balzacs Illusions perdus, Flauberts Madame Bovary und seine Education sentimentale, Maupassants Bel-Ami, Zolas Nana, George Eliots Daniel Deronda und Fontanes Effi Briest sein.

  • Wintersemester 2013/14 - Hauptseminar

    Astarte, Aphrodite, Venus

    Aphrodite bzw. Venus verkörpert in der Geschichte der Literatur und der Kunst alles andere als eine harmlose Liebesgöttin. Selten steht sie für eine glückliche Liebesbeziehung ein. Neben Schönheit und Erotik werden mit ihr Macht, Gewalt und Krieg assoziiert - so wird sie etwa im antiken Rom im Verbund mit Mars zu einer wichtigen Identifikationsfigur der Stadt. Die Transformationen der Göttin von der Antike über Spätatike, Mittelalter, Frühe Neuzeit bis in die Moderne zeigen Spuren der moralisierenden Dämonisierung (etwa bei den Kirchenvätern), der philosophischen Sublimierung sowie der Abgrenzung einer 'himmlischen' von einer 'vulgären' Venus (so bei Platon und in der Renaissance), aber auch der ästhetischen Reflexion (Venus als Paradigma für das Täuschungspotential von Bildern). Das republikanische Paris sieht in ihrer Verkörperung durch das Freudenmädchen Nana den Sieg des imperial orgiastischen Roms. Die katholische Kirche wird als schlichte translatio dieser Venuskulte gesehen, gegen die es eine reine Republik zu schützen gilt.

    Das Seminar will an ausgewählten Texten aus Antike und Moderne diesem Diskurs nachgehen und untersuchen, wie Aphrodite/Venus, die Figur des Weiblichen schlechthin, unter verschiedenen kulturellen Bedingungen transformiert, übersetzt und 'bearbeitet' wird.

  • Sommersemester 2013 - Hauptseminar

    Realismus und Allegorie: Madame Bovary, Effi Briest und Cézannes Äpfel

    zusammen mit Michael Zimmermann und Bettine Menke

    Madame Bovary, Effi Briest, aber auch die Äpfel Cézannes gehören zum Kanon des Realismus. Sie berühren uns, weil sie in all ihrer unscheinbaren Niedrigkeit unmittelbar aus der Lebenswirklichkeit gegriffen zu sein scheinen - Ehebrüche in der Provinz, Bücher über nichts, wie Flaubert sagte. Und dann auch noch Äpfel! Mit Hilfe von Auerbachs Interpretation des Realismus soll in den Texten, und vielleicht auch in den Äpfeln, gezeigt werden, dass dem, was uns unmittelbar einsichtig auf der Hand zu liegen scheint, eine kryptische Wahrheit eingeschrieben ist, die entziffert werden muss. Der Realismus bezieht sich vielleicht nicht so sehr auf eine referentielle Wirklichkeit; vielmehr geht es darum, unter Rückgriff auf die allegorische Auslegung der Bibel eine wahrere Wirklichkeit zu finden, als die, die wir mit bloßem Auge, schwarz auf weiß, erkennen können.

  • Wintersemester 2012/13

    SENIOR RESEARCHER IN RESIDENCE FELLOWSHIP AM CENTER FOR ADVANCED STUDIES MÜNCHEN 2012/2013

    Barbara Vinken wird die kommenden zwei Semester als Senior Researcher in Residence am Center for Advanced Studies der LMU München verbringen. In dieser Zeit wird sie an der LMU von Dr. Dr. Judith Kasper vertreten.

  • Wintersemester 2012/13 - Hauptseminar

    Objekt/Subjekt: Sehen – Verstehen – Begehren

    zusammen mit Prof. Fabienne Liptay, Prof. Aage Hansen-Löve, Prof. Michael Zimmermann und Prof. Hans-Jörg Rheinberger

    Die Veranstaltung hat eine wissenschaftshistorische Dimension (Rheinberger), eine film- und bildwissenschaftliche (Liptay, Zimmermann) und eine literaturwissen­schaftliche (Vinken, Hansen-Löve). Für den slavistischen Anteil wird es vor allem um den Begriffskomplex von Ding und Gegenstand gehen (so zunächst im historischen Realismus des 19. Jhs) und seine Negation bzw. Auflösung in Entgegenständlichung und Verdinglichung in den Avantgarden der 10er-30er Jahre.

  • Sommersemester 2012

    GASTPROFESSUREN AN DER NEW YORK UNIVERSITY UND AM CENTER FOR DISCIPLINARY INNOVATION (CDI)/ AN DER UNIVERSITY OF CHICAGO

    Im Sommersemester 2012 nimmt Frau Prof. Dr. Barbara Vinken ein Forschungsfreisemester an der LMU München, um zwei Gastprofessuren in den USA anzutreten. Sie gibt Kurse am German Department der New York University und am Center for Disciplinary Innovation (CDI) sowie am Department of Comparative Literature der University of Chicago. Dennoch wird Barbara Vinken zusätzlich Blockveranstaltungen an der LMU anbieten.

  • Sommersemester 2012 - Hauptseminar

    Civil Wars in European Literature from Lucan to Henry James

    Blockseminar im Juli zusammen mit Michèle Lowrie (Professorin am Department of Classics an der University of Chicago)

    Die römischen Bürgerkriege waren für die politische Konstitution des römischen Reiches zentral. Denn schließlich geht mit ihnen auch die Zeit der römischen Republik zu Ende und das Kaiserreich beginnt. Sie waren auch für die historisch-kosmische Situierung des römischen Reiches wichtig: war Rom ein ewiges, weltumspannendes Reich in Frieden bestimmt, das die Welt ordnet, oder bricht das Chaos immer wieder in diese schöne, kosmische Ordnung ein? Diese Fragen sollen an den beiden wichtigsten Texten zum Bürgerkrieg besprochen werden, nämlich an Caesar und Lucan.
    Die europäische Literatur setzt an diesen, entgegen gesetzten Interpretationen an. Wie ein basso continuo beziehen sich Historiker und Literaten oft implizit auf  die römischen Szenarien. Die französische Revolution und a fortiori der Terreur (Hugo), die deutschen Befreiungskriege (Kleist), die 48er Revolution (Flaubert) und natürlich, offensichtlicher, der amerikanische Krieg zwischen Nord- und Südstaaten wird als Bürgerkrieg gedeutet (Henry James, Walt Whitman).

    Texte des Hauptseminars: Caesar, De bellum civile, Lucan, De bellum civile, Hugo, Quatre-vingt-treize, Flaubert, L’éducation sentimentale, James, The Bostonians, Walt Whitman, Memoranda of the War.

  • Sommersemester 2012 - Oberseminar

    Blut. Politisch-theologische Figurationen der abendländischen Translatio

    Blockveranstaltung im Juni und Juli zusammen mit Herrn Professor Gianluca Solla
    Im Blut unterscheidet die lateinische Sprache zwei deutlich getrennte Bedeutungen: auf der einen Seite wird sanguen (archaisch für sanguis) als Name für das vitale Prinzip verwendet: es handelt sich um das „feine Blut“, d.h. um das im Körper zirkulierende Blut, dessen Bewegung das Leben ermöglicht, mit dem es identisch ist. Auf der anderen Seite steht das cruor, ein dickes, geronnenes Blut, das aus einer Wunde herausgeströmt ist und das den Tod symbolisch versinnbildlicht als Unterbrechung der lebensnotwendigen Zirkulation. Hier wäre auch nach Geschlechtsspezifika des Blutes zu fragen. Welches Blut ist das Menstruationsblut?

    In dieser doppelten Bedeutung zeigt das Blut seine eigentliche Wertigkeit als ein Zwischenelement, das sich in dem unentschiedenen Bereich zwischen Leben und Tod, zwischen Erzeugung und Stillstand, zwischen Wert und Verlust, situiert; als solches bildet es einen dritten Bereich zwischen derartigen Antithesen.

    In diesem Oberseminar soll die Rolle des Blutes in den theologischen Sünden- und Heilsvorstellungen aufgezeigt und analysiert werden, insbesondere in seiner operativen Bedeutung für die Unterscheidung zwischen Christentum und Judentum. Dabei soll der Fokus auf den Implikationen des Blutes innerhalb des abendländischen politisch-theologischen Imaginären liegen. Im Zentrum des Seminars steht insofern die Frage, in welcher Weise dieses Imaginäre des Blutes die Institutionen wie diejenige der Filiation, der Erbschaft und des Wertes (auf der die Analogie zwischen Blut und Geld beruht) beeinflusst und strukturiert hat. Im Zuge der imitatio Christi kommt es zu einer uns heute ganz fremdartigen Sakralisierung der blutenden Frauen, die auf diese spezifische Weise an der Passio teilhaben.

    Vor diesem Hintergrund sollen des weiteren literarische, was auch heißt: säkularisierte Formen des Nachlebens dieser Blut-Metaphorik analysiert werden, die im wesentlichen, auch innerhalb aller Formen von Sublimation und Konzeptualisierung, von der doppelten Natur des Blutes, das zugleich spirituell und verworfen, heilig und verdammt, himmlisch und irdisch, spirituell und materiell ist, gezeichnet bleibt.

  • Wintersemester 2011/12 - Hauptseminar

    Flaubert: Realismus/Orientalismus

    Kompaktseminar zusammen mit Herrn Professor Michael Fried, Frau Professor Anne Deneys-Tunney und Frau Gesine Hindemith (Co-teaching), bestehend aus zwei Kompaktseminareinheiten (mit Vortrag) und einem Lektürekurs

     

    1. Teil: Stylistic Regimes in Madame Bovary and Salammbô

    Gustave Flaubert’s practice of (what he called) „le gueuloir“ involved his reading his prose out loud more or less as he wrote it in order to eliminate assonances, consonances, repetitions of all kinds. The aim was a new sort of stylistic perfection, comparable to that of poetry but in the medium of prose. And yet Madame Bovary is full of repetitions of various kinds that indicate a counter-tendency toward habit and automatism that students of the writer have never fully taken into account. In this seminar we will look closely at a number of passages that reveal that tendency in its various manifestations. Furthermore, if there is time, we will extend our investigation to the novel he wrote immediately afterward, the extraordinary Salammbô, which I will try to show is governed by a very different stylistic regime.

    Teil des ersten Seminarteils ist auch ein öffentlicher Vortrag von Michael Fried (Johns Hopkins University, Baltimore) : „Flaubert and Courbet“
    Do, 17.11.2011, 18.00 Uhr (Ort wird noch bekannt gegeben)

     

    2. Teil: L’ Orient Textuel: Volney en Syrie et en Egypte

    Redigé à Paris en 1785, à son retour d'orient, le Voyage en Egypte et en Syrie de Volney ouvre ce que l'on a coutume d'appeler " "L'Orientalisme" en France et en Europe, soit une véritable mode et passion politique, esthétique et culturelle pour l'Orient. Seule une lecture directe et complète de ce texte qui aura tant d'importance pour les auteurs des générations suivantes (de Chateaubriand à Flaubert pour ne citer que ces deux noms) peut révéler au lecteur l'importance d'une oeuvre dont nous sommes mieux à même aujourd'hui de mesurer la modernité. Dans sa composition bi partite, ce texte définit une nouvelle conception du voyage comme science, et celà, à partir d'une critique contre l'impressionisme et l'exotisme. L'idéal scientifique dont Volney s'inspire est celui défini par Linné et Réaumur, soit une recomposition des sociétés humaines à partir de leur ancrage naturel et matériel dans une géeographie spécifique. Volney, pour ce projet de voyage scientifique, va dresser avec soin une liste de problèmes géographiques, ethnologiques et sociologiques, chacun de ces problèmes nécessitant une attention particulière. Le projet de Volney étant celui d'une reconstitution complète, à la fois diachronique et synchronique, de la totalité orientale, à la fois dans ses climats, son histoire, son économie, sa géographie, ses peuples, ses coutumes, ses arts et ses religions. Ce projet philosophique va bien au delà de ce à quoi on a trop tendance à le réduire au jourd'hui - à savoir le projet impérialiste de la colonisation française qui ne se déroulera que plus tard, avec l'expédition de Napoléon en Egypte - Volney a une véritale ambition philosophique et éthique, qui invente un nouveau rapport de la modernité à l'antique et à l'orient. C'est dans ce rapport à l'histoire et à l'orient que les générations futures se penseront comme sujets historiques et culturels.

  • Wintersemester 2011/12 - Hauptseminar

    Eros: Triebe und ihre Schicksale

    zusammen mit Frau Professor Fabienne Liptay, Herrn Professor Aage Hansen-Löve und Herrn Professor Michael Zimmermann

    Was sind Triebe, Affekte, Emotionen? Wie verhält sich ihre Ökonomie zur älteren Ordnung der Empfindungen, Assoziationen und Leidenschaften? In welchen Zonen des Unbewussten wirken sie; wie schreiben sie sich dem Erleben und dem Erinnern ein? Welche Chancen hat ihnen gegenüber (noch) der freie Wille, das selbstbestimmte Subjekt? "Eros" ist ein Stichwort, das diese Fragen stets im Blick auf den Anderen perspektiviert.
    Angewiesen-Sein, Liebe, "posséder et détruire" (Régis Michel) sind Erfahrungen, in denen das Leben über alle Versuche triumphiert, es zu steuern und es zuzurichten - oder es in Literatur und Kunst zu kodieren.
    Die Epoche des späteren 19. Jahrhunderts wird ein Schwerpunkt des Seminars sein. Es ist die Zeit der Entstehung einer verwissenschaftlichten Psychologie - auf der Grundlage der physiologischen Erforschung des Nervensystems, aber auch von Darwins schonungsloser Darlegung des Geschlechterkampfs und seiner Bedeutung für die natürliche Zuchtwahl. Ein zweiter Schwerpunkt sind Kunst und Film der Gegenwart. Flaubert und Zola, Tolstoj und Manet werden zur Diskussion gestellt; zur Videokunst der Gegenwart werden Beispiele gezeigt, die ansonsten nur auf Ausstellungen zugänglich sind. Zwischen den kontrastierten Epochen werden auch Brücken gebaut: durch Blicke auf den "Triebfilm" der 1920er Jahre und auf Nabokov.
    Grundlage der Debatte sind gemeinsame Lektüren zum "Begehren" in der intellektuellen Debatte der Gegenwart.

  • Wintersemester 2011/12 - Hauptseminar

    Das Liebesgedicht von der Antike bis in die Gegenwart

    zusammen mit Jürgen Paul Schwindt (Professor für Klassische Philologie, Heidelberg)

    Das europäische Liebesgedicht  beginnt mit den nur fragmentarisch überlieferten Gedichten der Sappho. Als lateinische Liebeselegie zwischen Catull und Ovid hat die Gattung in der goldenen Latinitas ihre Blüte erreicht. In der europäischen Liebeselegie bleibt sie für Petrarca und Baudelaire, für Heine und Rilke prägend. Der Dialog zwischen Antiken und Modernen ist Gegenstand des Seminars.
    (Catull, Properz, Tibull, Ovid, Petrarca, Baudelaire, Heine, Rilke)

  • Sommersemester 2011 - Hauptseminar

    Zum Fressen? Das nackte Fleisch im 19. Jahrhundert (the nude/the naked, flesh/meat, la viande/la chair)

    zusammen mit Frau Professor Johanne Lamoureux

    Sowohl die Literatur als auch die Kunst war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vom "Fleisch" besessen. Am Beispiel von Courbet, Flaubert, Manet, Zola, Caillebotte und Maupassant sollen die Erotisierung des Fleisches einerseits, seine Hinfälligkeit und Todesverfallenheit andererseits beleuchtet werden. Zentral für die Frage des "Fleisches" ist die des Verzehrs, des Konsums und damit der Ambivalenz zwischen tierischem und weiblichem Fleisch. Fleisch wird in der Wollust des Boudoirs, aber auch bei Tisch konsumiert, Fressen und Sex werden in dieser Metapher kurzgeschlossen. Oder es wird im ästhetischen Genuss - man möchte sagen - transsubstantiiert. Wie selten steht Pygmalion als Metapher für künstlerisches Schaffen im Raum: Leben lebendig zu schaffen, das Fleisch so darzustellen, als ob man das Blut pulsieren sieht. Literatur und Kunst streiten um dieses Vermögen.

  • Wintersemester 2010/11 - Hauptseminar

    Flaubert

    mit Herrn Professor Thomas Schestag und Herrn Professor Jacques Neefs

    1. Seminarteil mit B. Vinken, Th. Schestag: Proust und Flaubert

    Das Kompaktseminar, vom 4. - 6. Oktober, ist drei Aspekten im Werk Marcel Prousts gewidmet. Der erste Teil, im Zeichen des Lesens und der Übersetzung, setzt sich mit Prousts kommentierter Übersetzung von John Ruskins Vortrag Des trésors des Rois auseinander; außerdem mit dem Vorwort – Sur la lecture –, das Proust seiner Übersetzung in dem Band Sésame et les Lys vorangestellt hat. Der zweite Teil gilt Fragen nach dem Status des Autors und der Autorschaft, die ausgehend von einer Stelle der Recherche, im Zusammenhang mit Vermeers Gemälde Die Ansicht von Delft, diskutiert werden sollen. Der dritte Teil geht Prousts Auseinandersetzung mit der Frage des Namens und den Spuren nach, die diese Auseinandersetzung in Schriften Walter Benjamins gelassen hat.

    2. Seminarteil mit B. Vinken, J. Neefs: Flaubert: voir, croire, savoir, la pensée critique de la prose

    Le séminaire s’attachera à la fonction que Flaubert donne à la prose narrative comme exercice d’interrogation sur les croyances, sur l’opinion, sur les savoirs, et comme construction d’une beauté nouvelle, critique, ironique, et étrangement « mimétique », dégageant, au sein des discours et du tumulte des « positions », un rapport sensible au monde tout à fait singulier. Flaubert s’attache au pluriel des religions, dans les différentes versions de La Tentation de saint Antoine, dans Salammbô, dans Trois Contes, en particulier dans Hérodias, et à la précarité et aux contradictions des savoirs et des discours d’autorité dans ses romans « contemporains », Madame Bovary et L’Éducation sentimentale, mais plus particulièrement dans Bouvard et Pécuchet. Des rapprochements entre Bouvard et Pécuchet et  La Tentation de saint Antoine ont été proposés, en particulier par Michel Foucault. Nous reprendrons cette question, en considérant également d’autres textes de Flaubert : c’est la contraignante et dérisoire autorité de toute « représentation » reçue que la prose démontre et défait, en conquérant sa singulière autorité esthétique, celle d’un scepticisme véritable, et en ouvrant l’espace d’une « ontologie moderne ».

  • Wintersemester 2010/11 - Hauptseminar

    Dacia Maraini

    zusammen mit Frau Dr. Angela Oster

    Dacia Maraini ist die am häufigsten übersetzte italienische Schriftstellerin der Gegenwart weltweit. Ihre Texte kennzeichnet - entgegen der verklausulierten und theoretischen Schreibweisen der Postmoderne - eine bemerkenswerte Erzähl- und Lesbarkeit, in welcher die Verwebung von Fiktionen und Fakten zum wohl grundlegendsten Problem der Kunst, nämlich der Authentizität führen. Maraini tritt mit dem Anspruch auf, „wahre Geschichten" zu schreiben, was sich nicht zuletzt in ihren autobiographischen Romanen wie Bagheria oder La nave per Kobe. Diari giapponesi di mia madre dokumentiert. Die Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten einer „scrittura femminile" kennzeichnet auch Texte wie Cercando Emma. Gustave Flaubert e la signora Bovary: indagini attorno a un romanzo, La lunga vita di Marianna Ucrìa und Colomba. Das Seminar wird von daher auch Gender-Konzeptionen in die Diskussion integrieren.

  • Sommersemester 2011 - Vorlesung

    Mode und Moderne

    Die Beziehung zwischen Mode und Moderne scheint bereits durch die Etymologie des Wortes garantiert. Bei näherer Betrachtung erweist sich dieser Zusammenhang jedoch als nicht so simpel. Mode entpuppt sich als das Andere der Moderne.

    Die Ambivalenzen im Verhältnis von Mode und Moderne bringt der Modediskurs ans Tageslicht. Er ist seltsam gespalten: denn es gibt Mode und Mode. Die proklamierte Unisexmode stellt sich dabei eher als Wunschdenken, denn als Realität heraus. Herrenmode ist nicht eigentlich modisch. Der schmucklose, vollkommen funktionale Anzug in seinem - man ist versucht zu sagen – jahrhundertelangen Erfolgszug um den Globus ist klassisch. Sein unglaublicher Erfolg beruht darauf, dass er das ideale, moderne Kleidungsstück ist: schön, weil funktional. Damenmode hingegen tut es der Feudalmode nach: im Gegensatz zur Herrenmode betont sie die erotischen Vorzüge des weiblichen Körpers. Außerdem huldigt sie dem Ornament. Die „Neue Frau“ wird nie ganz geboren; mit schlimmsten Rückfällen muss ständig gerechnet werden. Die Realität der Moderne zeigt sich vielleicht nirgends so unverhüllt wie in der Mode.

    Texte von Jean Jacques Rousseau, Barbey d’Aurevilly, Charles Baudelaire, Heinrich Heine, Georg Simmel, René König, Alfred Loos, Roland Barthes, Anne Holländer, Richard Sennett, Pierre Bourdieu, Max Behrboom.

  • Sommersemester 2010 - Hauptseminar

    Flaubert and Courbet / Flaubert, literature and politics

    Hauptseminar (Blockseminar) mit Michael Fried, Jacques Rancière, Barbara Vinken

    7./8. und 28./29. Mai 2010, 9.00-17.00 Uhr
    Ort: Französische Bibliothek, Ludwigstr. 25

  • Sommersemester 2010

    FORSCHUNGSPROFESSUR

    Frau Prof. Dr. Barbara Vinken nimmt im Sommersemester 2010 eine Forschungsprofessur an der Freien Universität Berlin im Rahmen des Exzellenzclusters Languages of Emotion wahr und wird an der LMU von Dr. Edi Zollinger vertreten.

  • Wintersemester 2009/10 - Hauptseminar

    Realismus/Religion: Manet Flaubert

    14.-18. Dezember 2009, Venice International University (ViU)
    Um frühzeitige Anmeldung im Sekretariat wird gebeten: 2180-3531 oder sekretariat.vinken@romanistik.uni-muenchen.de.
    Ralph Ubl, Beate Söntgen, Barbara Vinken, Michael Zimmermann
    (veranstaltet in Kooperation mit dem Flaubertzentrum im Rahmen des bayrischen Elitestudienganges „Text und Bild“)

    Flaubert und Manet gelten in der Literatur und der Kunst als Väter der Moderne. In seltsamem Widerspruch zu diesem Befund steht beider Faszination mit religiösen Themen, die sich für Flaubert am offensichtlichsten in den Trois contes,, für Manet am klarsten in den beiden Passionsbildern (New York, Chicago) zeigt. Man hat lange versucht, diese Faszination „modern“ und das heißt im Sinne der Aufklärung als  „Demystifikation“ von Religion oder als  „Säkularisation“ zu interpretieren. Das Seminar wird der Frage nachgehen, wie dies mit dem trotz der Offensichtlichkeit der Gestelltheit oder Konstruiertheit von Bild und Text stark hervorgerufenen Mitleiden zusammenzubringen ist. Vielleicht ist das das Moderne an Manet und Flaubert: ein unglaubliches Pathos in der Durchkreuzung aller Pathosformeln hervorzurufen.

  • Wintersemester 2009/10 - Hauptseminar

    Antike Legenden und das 19. Jahrhundert/ Flaubert und die Epistemologien des Wissens

    LMU, 12-16 Oktober, Französische Bibliothek, IV. Stock, Ludwigstr. 25.

    Mit Susanna Elm, Hans Ulrich Gumbrecht, Barbara Vinken.

    Im ersten Teil des Seminars wird Susanna Elm (Berkeley), im zweiten Hans Ulrich Gumbrecht (Stanford)  Regie führen.

    Im Mittelpunkt steht zunächst Flauberts erste der Trois contes, dem letzen vollendeten und publizierten Werk.  Wichtigster Intertext des „Einfachen Herzens“ in Flauberts Trois contes ist  eine berühmte Heiligenlegende der Spätantike,  Perpetua und Felizitas. Die Intertextualität im Werk Flauberts soll anhand des „Cœur simple“ untersucht werden, wobei die Frage und Diskussion um die Bedeutung der Erzählung (Religionssatire oder moderne Heiligenvita?) als Folie dienen wird.

    Thema des zweiten Teils wird das unvollendet gebliebene Spätwerk Bouvard et Pécuchet sein, eine fast enzyklopädisch anmutender Streifzug durch die damalige Ordnung des Wissens, die eigenartig zerrüttet wird. Besonders klar profiliert sich Flauberts Stil, der nichts Eigenes hat, um zum eigentlichen Stil der Moderne zu werden, an diesem letzten Werk.

    Das Seminar gliedert sich in zwei Teile, die für den Erwerb eines Scheins Pflicht sind, sonst aber auch selbstverständlich einzeln besucht werden können. Scheinanforderungen wie üblich.

  • Sommersemester 2009 - Kolloquium

    Doktorandenkolloquium

    Do 16-18h, zweiwöchentlich, LMU Ludwigstr. 25, R. 401.

    Das Kolloquium ist für Promovierende und Habilitierende der Romanistik und Italianistik geeignet und dient der Diskussion methodischer und theoretischer Forschungsentwicklungen sowie eigener Forschungsarbeiten. Im Mittelpunkt stehen in diesem Semester Arbeiten rund um Flaubert. Teilnahme erfolgt auf Einladung.

  • Sommersemester 2009 - Vorlesung

    Die Liebe in Europa II

    Mi 10-12h, LMU, Schellingstraße 3, S 004

    Die europäische Tradition hat ein Schreiben über die Liebe ausgebildet, in dem das Ich sich im erlittenen Verlust an einen andern am intensivsten erfährt. Dieses Schreiben des Mangels steht gegen die von Egopsychologie und Durchökonomisierung bestimmten heutigen Diskurse, in denen die Liebe pragmatisch als Partnerschaft rational und erfolgreich managebar angepriesen wird. Ein Buchcover mit einem Herzen, auf dem ein Pflaster klebt, verspricht gar, uns durch eine vernünftige Therapie vom Übel schmerzhafter Liebeswunden endgültig zu befreien: bald kein Herzschmerz mehr. Eher als von Selbstbestätigung des Ichs durch die Liebe soll der Mangel und die Selbstentfremdung durch die Passio im Mittelpunkt der Vorlesung stehen. Im Wintersemester standen die den europäischen leidenschaftlichen Diskurs prägenden Beispiele von Sappho bis Petrarca im Zentrum. Boccaccios Fiametta, die eitel die schmerzvollste aller Liebenden sein will, Romeo und Julia, die nicht die Nachtigall, sondern die Lerche hörten, Don Giovanni und Casanova, Buchhalter und Fußfetischisten, Richardsons Clarissa, die sich doch als petrarkistischer Engel und als keuscheste aller Frauen entpuppt, Rousseaus Neue Héloise, die die Liebe der alten verbessern soll, die Marquise de Merteuil, Valmont und deren gefährliche Liebschaften, die sich selbst in den Ruin und die Dritte in die Umnachtung treiben,  Werther, der sich erschießt, werden uns um Sommersemester beschäftigen.

  • Wintersemester 2008/09 - Hauptseminar

    Flaubert

    Gemeinsam mit Jonathan Culler,

    Termin und Raum werden noch bekannt gegeben.

     

    "Where we expect the real, we get more veal". Mit diesem Wortwitz hat Jonathan Culler der Definition des Flaubertschen Realismus einen neuen Dreh gegeben; nicht mehr die Darstellung von Realität, sondern die Bewegungen des Signifikanten stehen seitdem im Mittelpunkt der Flaubertlektüren. Diese sollen im Seminar neu durchdacht und mit neueren Ansätzen der Flaubertforschung, wie sie am Flaubert-Zentrum München entwickelt werden, in Verbindung gebracht werden.
    Das Hauptseminar besteht aus einem im Februar stattfindenden Kompaktseminar mit Jonathan Culler und Barbara Vinken und einer Journée d'Étude mit internationalen Flaubertspezialisten. Die dort behandelten Texte und die Referate für das Kompaktseminar werden im Vorfeld abgesprochen. Die passive Beherrschung des Französischen ist Voraussetzung für die Teilnahme. Ein Hauptseminarschein kann durch das Abfassen einer schriftlichen Hausarbeit zu einem der behandelten Texte erworben werden. Teilnahme nach persönlicher Rücksprache oder auf Einladung.

  • Wintersemester 2008/09 - Kolloquium

    Doktoranden- und Forschungskolloquium

    Do 17-19h, LMU, Ludwigstr. 25, R. 401.

    Das Kolloquium ist für Promovierende und Habilitierende der Romanistik und Italianistik geeignet und dient der Diskussion methodischer und theoretischer Forschungsentwicklungen sowie eigener Forschungsarbeiten.
    Beginn: siehe Aushang am Sekretariat (R. 402).

  • Wintersemester 2008/09

    Die Liebe in Europa

    Do 11-12h, LMU, Geschwister-Scholl-Platz 1, M 110.

    Wissenschaftliche Übung zur gleichnamigen Vorlesung.

  • Wintersemester 2008/09 - Vorlesung

    Die Liebe in Europa

    Mi 10-12h, LMU, Geschwister-Scholl-Platz 1, M 110.

    Die europäische Tradition hat ein Schreiben über die Liebe ausgebildet, in dem das Ich sich im erlittenen Verlust an einen andern am intensivsten erfährt. Dieses Schreiben des Mangels steht gegen die  von Egopsychologie und Durchökonomisierung bestimmten heutigen Diskurse, in denen die Liebe pragmatisch als Partnerschaft rational und erfolgreich managebar angepriesen wird: ein Buchcover mit einem Herzen, auf dem ein Pflaster klebt, verspricht gar, uns durch eine vernünftige Therapie vom Übel schmerzhafter Liebeswunden endgültig zu befreien: bald kein Herzschmerz mehr. Eher als von Selbstbestätigung des Ichs durch die Liebe soll der Mangel und die Selbstentfremdung durch die Passio im Mittelpunkt der Vorlesung stehen.

    Die den europäischen Liebesdiskurs prägenden Beispiele, wie er sich seit der Antike herausgebildet hat, sollen herausgearbeitet werden: die seufzende Sappho, der bedürftige Eros im Gastmahl Platons, die tragische Liebe der Dido, Catull, der stärker begehrt, wenn er weniger liebt, Héloise, die lieber die Hure des Abélard sein wollte denn als Gattin des Augustus Herrscherin über die Welt, der fatale Ehebruch von Tristan und Isolde, Dantes Francesca und Paolo, die in der Hölle vom Wind der Leidenschaften getrieben werden, Petrarca, der der Liebe eisiges Feuer erfand, Romeo und Julia, die nicht die Nachtigall, sondern die Lerche hörten, Don Giovanni und Casanova, Buchhalter und Fußfetischisten.

  • Wintersemester 2008/09 - Hauptseminar

    Triebschicksale. Medea, Don Giovanni, Casanova

    Do 13-16h, LMU, Ludwigstr. 28/Rü, R. 026.

    Medea, Don Giovanni oder Don Juan und Casanova sind fast mythische Figuren, die in unserer Tradition für ein in ganz verschiedener Hinsicht maßloses Lieben stehen. Medea mordet ihre Kinder aus verratener Liebe; es erscheint ihr als das effektivste Mittel, sich an ihrem Mann zu rächen. Don Juan ging es um „ la giovane principante.“ (Da Ponte). Wie die Eroberer, die nie betretenes Land zum ersten Mal berühren wollen, jagte er die Jungfrauen und überhaupt Frauen, die schwer zu haben sind, weil sie Gott oder andern Männern gehören. Sorgfältig führt er Buch: „e in Spagna, son mill e tre.“ Ein homme à hommes? Casanova war Fußfetischist. Daran reizte ihn die leichte Zugänglichkeit des Vergnügens, die allen vor Augen steht, die aber die meisten gar nicht zu genießen wüßten. Casanova, der mit Gott und der Welt schlief ohne dabei je erfüllt zu sein, interessierte sich nicht wirklich für Männer, sondern war hommes à femmes: ein Mann, der den Frauen gehörte, weil ihn keine zu fesseln vermochte. Das Seminar geht diesen, dank der Literatur analysierbar gewordenen Triebschicksalen nach.
    Texte:

    Freud, Fetischismus. Lacan, Encore (in Auszügen). Euripides, Medea. Seneca, Medea. Pasolini, Medea. Mozart/Da Ponte, Don Giovanni. Molière, Don Juan. Laclos, Les liaisons dangereuses. Casanova, Histoire de ma vie (in Auszügen).

  • Sommersemester 2008 - Kolloquium

    Doktorandenkolloquium

    14-tägig, Do, 17-19 Uhr.

    Das Kolloquium ist für Promovierende und Habilitierende der Romanistik und
    Italianistik geeignet und dient der Diskussion methodischer und
    theoretischer Forschungsentwicklungen sowie eigener Forschungsarbeiten.

    Termine: 17.04., 24.04., 08.05., 12.06., 26.06., 03.07.

  • Sommersemester 2008 - Hauptseminar

    Dekadenz in Italien und Frankreich

    Vinken/Regn

    Termin: 15.-19. September 2008, Venice International University

    Das Seminar untersucht am Beispiel von Erzähltexten d’Annunzios, Huysmans und Zolas das Phänomen des fin de siècle und der dekadenten Literatur.
    Während bei d’Annunzio (vergleichbar mit den Vorgaben, die Huysmans in A rebours bereit gestellt hat) ein Ekel vor den Niederungen zeitgenössischer Alltäglichkeit vorherrscht, der im Gegenzug die Stilisierung des Lebens zum Gesamtkunstwerk hervortreibt und eine bis ins Paradox vorangetriebene Ästhetisierung erzeugt, präsentiert sich der späte Zola als entschiedener Gegner einer solchen décadence. Diese leuchtet vornehmlich als Negativfolie auf, vor der sich Zolas imaginärer Sozialdarwinismus profiliert. Während das fin de siècle sich einer moralfreien, ganz individualistischen Unfruchtbarkeitsästhetik widmet, die sich einzig dem piacere verpflichtet weiß, stellt Zola dagegen eine neue Moral der Fruchtbarkeit, die mit den Segnungen des französischen Imperiums eine ‚gesunde Rasse’ über den Erdball verbreiten möchte.
    Folgende Texte sind Gegenstand des Seminars: D’Annunzio: Il piacere, Il fuoco; Huysmans: A rebours; Zola: Fécondité (Les quatres evangiles).
    Die Veranstaltung findet statt als Kompaktseminar an der V.I.U. (Venice International University) in Venedig, vom 15.9.-19.9.2008. Eine Vorbesprechung (Raum wird noch bekanntgegeben) findet statt am: Montag, den 5. Mai, um 12 Uhr.

    Anmeldungen Italianistik: angela.oster@lrz.uni-muenchen.de
    Anmeldungen Französistik: sekretariat.vinken@romanistik.uni-muenchen.de

  • Sommersemester 2007 - Hauptseminar

    Von der Interpretation: Theorie und Methode

    (mit Prof. Dr. Klaus Benesch)

    Mi, 9-13h (14-tägig), LMU, Sommersemester 2007.

    Basisseminar des Promotionsstudienganges Literaturwissenschaft

     

    Das Seminar wird einige Grundlagentexte moderner Textinterpretation in den Vordergrund stellen, die grob als romantisches, psychoanalytisches und soziologisches Paradigma beschrieben werden können: Hegel und Emerson, Freud und Shoshana Felman, Bourdieu und William Paulson. Daran anschließend soll den Promovenden Gelegenheit gegeben werden, anhand konkreter Beispiele ihre eigene Praxis des Interpretierens zu zeigen.

     

  • Sommersemester 2007 - Hauptseminar

    Montaigne

    (mit Prof. Dr. Thomas Ricklin)

    Di, 14-17h, LMU, Sommersemester 2007.

    Montaigne:

    Freund, Politiker, Autor in einer von Religionskriegen erschütterten Zeit.

  • Sommersemester 2005 - Hauptseminar

    Illusions perdues und Flauberts Éducation sentimentale

    Sommersemester 2005.

  • Sommersemester 2007 - Hauptseminar

    Franko-maghrebinische Literatur

    Mo, 14-17h , LMU, Sommersemester 2007.

    Bevor wir uns der Lektüre einzelner Romane widmen, werden drei Basistexte des Postkolonialismus untersucht werden, die mittlerweile auch für den anglo-amerikanischen Kanon grundlegend geworden sind: Frantz Fanons Peau noire, masques blancs, Edouard Glissants Le Discours antillais und die Poetiken der Vielheit und Jacques Derrida Le monolinguisme de l’autre .
    Die Romane sind Grundtexte der franko-maghrebinischen Literatur, die zwei Momente in den Vordergrund stellen: 1. der Schulroman, der nicht eigentlich ein Bildungsroman ist. Der Schulroman konnte diese zentrale Stellung erreichen, weil die Schule nach der Doktrin der laїcité der Ort der Integration ist, an der jedes Kind in einer zweiten Geburt zum französischen Bürger wird. Seine Ambivalenz und sein progressives Scheitern stehen in den Romanen Albert Memmis, La statue de sel, Azouz Begag, Le gone du chaâba, Medhi Charef, Le thé au harem d’Archimède im Mittelpunkt 2. das Geschlechterverhältnis, das anhand von Assia Djebars, Femmes d’Alger dans leur appartement und Rachid Boudjedra, La répudiation beleuchtet werden soll.

  • Wintersemester 2006/07 - Vorlesung

    Der europäische Briefroman des 18. Jahrhunderts

    (mit wissenschaftlicher Übung), LMU, Wintersemster 2006/07

  • Wintersemester 2006/07 - Hauptseminar

    Das Religiöse und das Säkulare

    (mit Prof. Dr. Clemens Pornschlegel), LMU, Wintersemester 2006/07.

  • Wintersemester 2006/07 - Hauptseminar

    Dantes Göttliche Komödie - eine religiöse Kosmologie in Versen?

    (mit Prof. Dr. Rémi Brague), LMU, Wintersemester 2006/07.

  • Sommersemester 2006 - Hauptseminar

    Renouveau catholique

    LMU, Sommersemester 2006.

  • Sommersemester 2006 - Hauptseminar

    Manzoni, I promessi sposi

    LMU, Sommersemester 2006.

  • Sommersemester 2006 - Vorlesung

    Flaubert: Religion und Literatur

    LMU, Sommersemester 2006.

  • Sommersemester 2005 - Vorlesung

    Realismus

    LMU, Sommersemester 2005.

  • Sommersemester 2005 - Hauptseminar

    Gründungsmythen - Ursprungsgeschichten

    (mit Prof. Dr. Inka Mülder-Bach), LMU, Sommersemester 2005.

  • Hauptseminar

    Orientalismus

    (mit Prof. Dr. Hendrik Birus), Wintersemester 2004/05.

  • Hauptseminar

    Flaubert und die Antike

    Wintersemester 2004/05.

  • Vorlesung

    Die frankophone Literatur des Maghreb

    (mit wissenschaftlicher Übung), Wintersemester 2004/05.